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Arbeitspflicht am Megastreiktag?


Die Gewerkschaften ver.di und EVG haben für Montag, 27.3.2023 einen »Megastreiktag« angekündigt, der öffentlichen Nahverkehr, den Fernverkehr der Bahn und die Verkehrsinfrastruktur betreffen wird - in der Folge lassen die Deutsche Bahn und mehrere Flughäfen am Montag den Betrieb ruhen. Aber was heißt das für Arbeitnehmer, die auf Bus und Bahn angewiesen sind? Hier sind für flexible Lösungen auch die Betriebsräte gefragt.


Auch bei großflächig angekündigten Streiks gilt: Solange der Arbeitgeber für den Tag nicht von sich aus Betriebsferien anordnet, müssen Beschäftigte an sich pünktlich zur Arbeit erscheinen. Denn, so das Bundesarbeitsgericht (BAG): Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko, also das Risiko, ob er die Arbeitsleistung abnehmen kann, der Arbeitnehmer das Wegerisiko (das Risiko, die Arbeitsleistung "zur rechten Zeit am rechten Ort" erbringen zu können (BAG 8.9.1982 - 5 AZR 283/80).


Ohne Arbeit kein Lohn

Witterungsbedingte Verspätungen, Staus oder Streiks im öffentlichen Nah-/Fernverkehr sind Ereignisse, die die Allgemeinheit betreffen und den Arbeitgeber von seiner Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts nach § 616 Abs. 1 BGB befreien, sofern der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint. Allerdings müssen Arbeitnehmer alles Zumutbare zu unternehmen, um den Arbeitsplatz trotz Streik rechtzeitig zu erreichen - sei es durch eine Fahrgemeinschaft, Taxi, Radfahren oder auf dem Fußweg.


Alternative Wege sind zumutbar (in Grenzen)

Zeit für Vorbereitungen bleibt normalerweise, wenn ein Streik mit mehreren Tagen Vorlaufzeit angekündigt wird, so dass die damit einhergehenden Einschränkungen auf dem Weg zur Arbeit absehbar sind. Das reicht z. B., um sich mit einem Kollegen mit Pkw abzusprechen oder zu erkunden, was eine Taxifahrt, vielleicht auch verteilt auf mehrere Personen, kosten würde.

Allerdings gibt es auch hier Zumutbarkeitsgrenzen, z. B. wenn die Kosten für das Taxi den Tageslohn überschreiten würden. In solchen Fällen muss der Arbeitnehmer allerdings beim Arbeitgeber anfragen, ob dieser die erhöhten Anfahrtkosten ganz oder zum Teil übernehmen will. Auch ein Fahrrad- oder Fußweg muss dem betroffenen Arbeitnehmer gesundheitlich zumutbar sein.


Droht eine Kündigung?

Wer zu spät kommt, vielleicht zum wiederholten Male, riskiert je nach den Umständen Abmahnung, Lohnkürzung und Kündigung, wenn er die Verspätungen verschuldet hat. Laut dem Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz ist es ständige Rechtsprechung, dass »wiederholt schuldhaft verspätetes Erscheinen im Betrieb trotz einschlägiger vorheriger Abmahnungen als Verletzung der Arbeitspflicht zu sehen« sei, die eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB begründen kann, wenn sie den »Grad und das Ausmaß einer beharrlichen Arbeitsweigerung« erreicht hat (LAG Rheinland-Pfalz, 23.4.2009 - 10 Sa 52/09).

Allerdings ist eine Kündigung wegen Verspätungen auch kein Automatismus - der Arbeitgeber muss zuvor wenigstens eine »korrekte« Abmahnung erteilt haben, damit der Empfänger sein Verhalten ändern kann, und vor einer verhaltensbedingten Kündigung den Betriebsrat über die Zusammenhänge und auch die Hintergründe für die Verspätungen unterrichten (LAG Köln 20.10.2022 - 8 Sa 465/22).

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